Schweizer Pensionskassenstudie 2021

Spielraum für Verzinsung

Ausbau bei Reserven eröffnet Möglichkeiten, um Umverteilung zu verringern

imageHeini DändlikerLeiter Key Account Management / Firmenkunden Markt Schweiz, Zürcher Kantonalbank

Die Finanzmärkte haben sich 2020 nach dem Corona-Schock im Frühjahr rasch erholt und für eine insgesamt gute Performance bei den Vorsorgewerken gesorgt. Die Pensionskassen konnten ihre finanzielle Stabilität verbessern und die Reserven erhöhen. Das schafft Spielraum, die Vorsorgeguthaben der Aktiven höher zu verzinsen – und damit die Umverteilung zugunsten der Rentner zu reduzieren.

Die Deckungsgrade der Schweizer Vorsorgeeinrichtungen haben sich 2020 erfreulich entwickelt. Trotz des pandemiebedingten Börseneinbruchs im 1. Quartal haben die meisten Kassen an ihrer Anlagestrategie festgehalten und damit ein gutes Jahresergebnis erzielt. Dank dieser soliden Performance verbesserten die privatrechtlichen Kassen ihre Deckungsgrade im Schnitt um 2,2 Prozentpunkte. Die öffentlich-rechtlichen Einrichtungen mit Vollkapitalisierung steigerten ihre Deckungsgrade um 1,5 Prozentpunkte und die öffentlich-rechtlichen Pensionskassen mit Teilkapitalisierung gar um rund 5 Prozentpunkte. Zur markanten Steigerung Letzterer trugen insbesondere punktuelle Massnahmen einzelner Kassen zur Verbesserung ihrer Kapitalausstattung bei. Als Folge der weiteren Erholung im Jahr 2020 befinden sich die vermögensgewichteten Deckungsrade nun in allen drei Kategorien auf dem höchsten Stand der letzten zehn Jahre.

Abbildung 1: Deckungsgradentwicklung 2011 bis 2020

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Starker Ausbau der Wertschwankungsreserven

Aufgrund der guten Anlageergebnisse und der dadurch gestiegenen Deckungsgrade standen den Kassen mehr Mittel zur Verfügung. Zahlreiche Einrichtungen nutzten dies und erhöhten ihre Wertschwankungsreserven zum Teil substanziell. So erreichten bereits 69 Prozent aller Kassen ihr definiertes Ziel für die Wertschwankungsreserven zu mindestens 75 Prozent. Im Vorjahr waren erst 63 Prozent der Kassen auf diesem Niveau gewesen. Besonders augenfällig ist die Zunahme bei den Einrichtungen öffentlicher Arbeitgeber von 29 Prozent auf 40 Prozent. Mittlerweile verfügt eine zunehmende Anzahl Kassen von öffentlichen Arbeitgebern über einen Deckungsgrad von mehr als 100 Prozent, welcher erst die Bildung von Wertschwankungsreserven ermöglicht. Gesamthaft betrachtet sind die Kassen mit ihrer Reservenausstattung gut gewappnet für mögliche Marktschwankungen in der Zukunft.

Technischer Zinssatz sinkt weiter

Weiter fortgesetzt hat sich 2020 der Abwärtstrend bei den Diskontsätzen für Vorsorgekapitalien und technische Rückstellungen. 72 Prozent der Schweizer Pensionskassen kalkulierten mit einem technischen Zinssatz von unter 2 Prozent. Im Durchschnitt lag dieser Satz bei den privatrechtlichen Kassen bei 1,59 Prozent und bei den öffentlich-rechtlichen bei 1,86 Prozent. Das zeigt: Diskontsätze von unter 2 Prozent, die bis vor wenigen Jahren noch unvorstellbar waren, sind an breiter Front Realität geworden.

Diese Entwicklung ist folgerichtig: Denn vor dem Hintergrund der weiter steigenden Lebenserwartungen sowie des anhaltenden Tiefzinsumfeldes bleibt die Sicherung der Renten die grösste Herausforderung für die Pensionskassen. Die Entwicklung zeigt, dass die Vorsorgeeinrichtungen ihre Hausaufgaben angehen.

Im Einklang mit den rückläufigen Bewertungszinssätzen sind auch die Umwandlungssätze weiter gesunken. So betrug der durchschnittliche Umwandlungssatz 2020 beim gesetzlichen Rentenantritt bei Frauen 5,57 Prozent und bei Männern 5,63 Prozent. Für das laufende Jahr rechnen die befragten Vorsorgeeinrichtungen mit einer weiteren Senkung: Die Schätzung des durchschnittlichen Umwandlungssatzes beträgt für Frauen 5,46 Prozent und für Männer 5,52 Prozent.

Die Umwandlungssätze liegen damit heute grösstenteils bereits deutlich unter 6 Prozent und somit unter der Zielgrösse, die der Bundesrat für die aktuelle BVG-Revision als Mindestumwandlungssatz vorsieht. Das zeigt, wie überfällig die Anpassungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen sind. Es zeigt aber auch, dass die aktuell diskutierte Senkung kaum die letzte sein wird. Denn mit Blick in die Zukunft rechnen die meisten Vorsorgewerke aufgrund der steigenden Lebenserwartung, der tiefen Zinsen und der begrenzten technischen Parameter mit weiteren Senkungen beim Umwandlungssatz.

Abbildung 2: Abnahme der Umverteilung aufgrund von Verlusten durch überhöhte Umwandlungssätze

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Umverteilung nimmt ab

Die solide Anlageperformance erlaubte den Kassen 2020 im Durchschnitt erneut eine Verzinsung der Guthaben der Aktivversicherten mit mehr als 2 Prozent. Mit 2,03 Prozent fiel sie indes deutlich tiefer aus als im sehr starken Anlagejahr 2019, als die Verzinsung 2,64 Prozent betrug. Sie lag aber erneut klar über der Verzinsung des Kapitals der Rentner.

Die Bandbreite zwischen den einzelnen Kassen war beträchtlich. Während die Einrichtungen privater Arbeitgeber im Durchschnitt 2,17 Prozent anrechneten, lag der Satz bei den Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen öffentlicher Arbeitgeber nur bei 1,48 Prozent. Nicht überraschend konnten Vorsorgeeinrichtungen mit voll geäufneten Wertschwankungsreserven eine höhere Verzinsung gewähren (2,29 Prozent) als solche, die weiter Reserven bilden mussten (1,84 Prozent).

Die Schweizer Vorsorgewerke konnten 2020 ihre Umverteilung zwischen Rentnern und Aktiven erfreulicherweise reduzieren. Dies war möglich, weil die technischen Zinssätze und Umwandlungssätze weiter reduziert wurden, die Deckungsgrade und Wertschwankungsreserven anstiegen und schliesslich auch die Altersguthaben der Aktivversicherten höher verzinst wurden.

Vorsorgeeinrichtungen, die ihre Wertschwankungsreserven weitgehend geäufnet haben, stehen mehr freie Mittel für die Aktivversicherten zur Verfügung. Das ist eine begrüssenswerte Entwicklung angesichts der Einbussen, welche die Aktivversicherten als Folge der Umverteilung in der Vergangenheit hinnehmen mussten.

Sammeleinrichtungen vor Dilemma

Im aktuellen Umfeld bleibt das Spannungsfeld zwischen Wettbewerbsfähigkeit und der Notwendigkeit zur Anpassung der technischen Parameter besonders für Sammeleinrichtungen gross. Um im Wettbewerb bestehen zu können, offerieren Sammelstiftungen und Gemeinschaftseinrichtungen tendenziell höhere technische Zins- und Umwandlungssätze und weisen gegenüber autonomen und teilautonomen Kassen entsprechend geringere Deckungsgrade aus.

Wollen sich die Sammelstiftungen nun ebenfalls stärker an die aktuelle und künftige Realität anpassen, müssten sie im Gegenzug die effektive Verzinsung der Altersguthaben der Aktivversicherten erhöhen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Doch hier setzt der Gesetzgeber enge Grenzen für Leistungsverbesserungen, solange die Wertschwankungsreserven nicht vollständig geäufnet sind. Diese sind heute gegenüber den übrigen Pensionskassen bei Sammeleinrichtungen im Schnitt allerdings deutlich tiefer geäufnet, wodurch gute Anlagerenditen nur beschränkt in Form einer höheren Verzinsung an die Aktivversicherten weitergeben werden können.

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