Ein Wechsel des Primats ist für jede Vorsorgeeinrichtung ein entscheidender Schritt, der gut überlegt und vorbereitet sein will. Damit ist schon weitgehend erklärt, weshalb die in der Umfrage erfasste Struktur sich langsam und erfahrungsgemäss nur in eine Richtung bewegt: vom Leistungs- zum Beitragsprimat. Verschiebungen lassen sich primär zwischen den Bereichen «Beitragsprimat für alle Leistungen» und «Beitragsprimat für die Altersleistungen» und «Leistungsprimat für die Risikoleistungen» feststellen.
Die Änderungen gegenüber dem Vorjahr bewegen sich entsprechend in engem Rahmen. Für alle Vorsorgeeinrichtungen stieg der Anteil der Versicherten in Kassen mit Beitragsprimat für alle Leistungen von 22 auf 25 Prozent, die gemischten Systeme gingen von 70 auf 68 Prozent zurück, das Leistungsprimat findet sich kaum verändert bei knapp 8 Prozent.
Über den Zeitraum von fünf Jahren (seit der Umfrage 2016) ist diese Zahl von (gerundet) 8 Prozent stabil geblieben. Leistungsprimatkassen waren und sind hauptsächlich eine Domäne der öffentlichen Hand. Bei den Kassen von Kantonen und Gemeinden machen sind noch 25 Prozent aller Versicherten im Leistungsprimat versichert, im Vorjahr waren es 28 und vor fünf Jahren noch 36 Prozent.
Überraschen mag der vergrösserte Anteil der Versicherten in Kassen mit reinem Beitragsprimat, welches für die Destinatäre verglichen mit dem gemischten System weniger vorteilhaft ist. Das Resultat ist allerdings mit Vorbehalt zu interpretieren, da es nicht plausibel ist. Möglicherweise beruhen die angegebenen Verschiebungen auf unterschiedlichen Interpretationen der Fragestellung.
Das BVG schreibt vor, dass die Arbeitgeber gesamthaft mindestens den gleichen Beitrag für die Finanzierung der Alters- und Risikoleistungen aufbringen wie die Arbeitnehmer (Art. 66 BVG). Bezogen auf obige Abbildung also pro 100 Franken Arbeitnehmerbeiträge ebenfalls 100 Franken. Allerdings wird diese Minimalvorschrift in allen ausgewiesenen Branchen und Kategorien übertroffen, teilweise beträchtlich. Am stärksten in der Finanzbranche (Banken und Versicherungen) mit 180 Franken auf 100 Franken Arbeitnehmerbeiträge. Der Durchschnitt liegt bei 145 Franken, das tiefste Verhältnis weist das Baugewerbe mit 112 Franken auf.
Im Zusammenhang mit der laufenden BVG-Reform 21 ist die Eintrittsschwelle für die berufliche Vorsorge in die Diskussion geraten. Während das von Gewerkschaften und Arbeitgeberverband entwickelte Revisionsmodell Sozialpartnerkompromiss) resp. die darauf basierende Vorlage des Bundesrats gegenüber der geltenden Regelung keine Änderung vorsehen, hat der Nationalrat eine Senkung von aktuell 21’510 auf 12’548 Franken beschlossen, die Sozialkommission des Ständerats auf 17’208 Franken. Zusammen mit der ebenfalls im Nationalrat beschlossenen Halbierung des Koordinationsabzugs soll so die Benachteiligung der Teilzeit- und Mehrfachbeschäftigten in der beruflichen Vorsorge vermieden oder zumindest gemildert werden.
Das BVG lässt den Vorsorgeeinrichtungen die Freiheit, eine tiefere als vom Gesetz vorgesehene Schwelle festzusetzen. In der Umfrage wurde erstmals ermittelt, welche Werte angewendet werden. Dabei zeigt sich, dass gut drei Viertel (76 Prozent) den BVG-Satz anwenden. 15 Prozent weisen einen anderen, fixen Wert auf und 10 Prozent eine variable Eintrittsschwelle.
Bei rund einem Drittel der Kassen, welche einen festen, aber vom BVG abweichenden Wert festsetzen, beträgt dieser 14’340 Franken, was 50 Prozent der maximalen AHV-Rente entspricht. Ein weiteres knappes Drittel gibt den Wert 0 an, kennt also keine Schwelle. Es ist davon auszugehen, dass diese Kassen auch keinen Koordinationsabzug anwenden, womit das ganze Salär versichert ist.
Der durchschnittliche versicherte Lohn bei jenen Kassen, welche die BVG-Vorschrift anwenden, beträgt rund 54’000 Franken. Er liegt damit tiefer als bei den restlichen Kassen, wo er rund 62’000 Franken beträgt.
Wie bei der Eintrittsschwelle für die gesetzliche BVG-Versicherung (Abbildung A-3) dreht sich auch die Diskussion zur Höhe des Koordinationsabzugs (KA) in der aktuell laufenden BVG- Revision um die Besserstellung der Teilzeit- und Mehrfachbeschäftigten.
Der in Abbildung A-4 wiedergegebene Verlauf der von den Umfrageteilnehmern gelieferten Angaben über die letzten sieben Jahre zeigt nur geringfügige Veränderungen. Der Anteil der Kassen ohne Koordinationsabzug liegt bei 22 Prozent und damit im Rahmen der früher ermittelten Ergebnisse. Über die Jahre praktisch unverändert ist der Anteil der Kassen mit einem variablen, meist lohnabhängigen Abzug mit 36 Prozent.
Einen fix vorgegebenen, aber gemäss Beschäftigungsgrad gewichteten Koordinationsabzug weisen 28 Prozent der antwortenden Kassen auf. Nur gerade 14 Prozent wenden einen fixen KA an, ohne Berücksichtigung des Beschäftigungsgrads.
Bezogen auf die Branchen lassen sich einige Besonderheiten feststellen. So kennen in der öffentlichen Verwaltung lediglich 2 Prozent der Vorsorgeeinrichtungen keinen Koordinationsabzug, hingegen weisen 60 Prozent einen variablen, meist lohnabhängigen KA auf. Sie übertreffen damit klar alle übrigen Bereiche, auch die Finanzindustrie, wo der entsprechende Wert 42 Prozent beträgt.
Einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Kassen mit einem Abzug gemäss BVG lassen sich im Handel und im Baugewerbe feststellen. Gut ein Drittel nimmt hier einen Abzug gemäss BVG vor.
Alter 58 hat sich mittlerweile als Standard für das früheste reglementarische Rentenalter der Männer durchgesetzt. Alter 60 verliert rasch an Bedeutung und 59 erscheint nur noch marginal. Dass diese Entwicklung sich jetzt noch beschleunigt hat, ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass seit dem 1. Januar 2021 Personen, die das 58. Altersjahr vollendet haben, sich freiwillig in der beruflichen Vorsorge weiterversichern können, wenn das Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber beendet wird und sie bisher dort in der beruflichen Vorsorge obligatorisch versichert waren.
Ein wachsender Anteil an Vorsorgeeinrichtungen bietet den Destinatären die Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Sparplänen. Für die Gesamtheit der Umfrageteilnehmer ist innert Jahresfrist der Anteil von 53 auf 56 Prozent gestiegen. Schon fast standardmässig werden sie in der Finanzbranche – Banken und Versicherungen – mit unverändert 84 Prozent angeboten. In der Umfrage 2016 bestand diese Möglichkeit nur bei 36 Prozent aller Kassen. Die Zunahme ist auf das Bedürfnis der Destinatäre nach mehr Flexibilität zurückzuführen und beweist damit die Anpassungsfähigkeit der beruflichen Vorsorge an veränderte Bedürfnisse.
Die Erhebung des Leistungsziels für Altersrenten bei einem AHV-pflichtigen Lohn von 80’000 Franken zeigt einen gegenüber dem Vorjahr leicht höheren Wert von 70 Prozent. Die daraus ersichtliche Stabilisierung des Leistungsniveaus ist vor dem Hintergrund eines stetig sinkenden Umwandlungssatzes zu sehen, der für den Leistungserhalt von den Sozialpartnern einigen finanziellen Einsatz abverlangt.
Zu den Zahlen ist wie in den Vorjahren festzuhalten, dass es sich nicht um effektiv ausgerichtete Leistungen handelt, sondern um auf der Basis der Reglemente und geltenden Parameter errechnete Beträge, die nicht immer alle Elemente der konkreten Leistungserbringung umfassen. Sie lassen aber erkennen, dass die vielgehörte Kritik, die Pensionskassen würden bei wachsenden Beiträgen laufend tiefere Renten produzieren, nicht zutrifft.
Seit rund vier Jahren bewegt sich das Leistungsziel aus 1. und 2. Säule nun auf einem stabilen Niveau, welches die informelle Vorgabe von 60 Prozent für die Fortsetzung der gewohnten Lebensführung deutlich übertrifft.
Der Median des BVG-Leistungsziels bei den öffentlich-rechtlichen Kassen liegt für 2021 bei 39 (Vorjahr 41) Prozent, inklusive AHV ergibt sich damit eine durchschnittliche Ersatzquote von 73 (75) Prozent. Bei den privatrechtlichen Kassen liegt der Median bei 32 (33) Prozent, inklusive AHV bei 67 (67) Prozent.
Für die am Markt aktiven Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen (mit Broker, und Marketingausgaben) beträgt der Medianwert 28 (29) Prozent. Sie erreichen zusammen mit der AHV eine mittlere Ersatzquote von 63 Prozent, was ebenfalls über den vom Gesetzgeber anvisierten 60 Prozent liegt.
Die Finanzierungssituation einer Kasse wird massgeblich beeinflusst vom Verhältnis zwischen Aktiven (Beitragszahlern) und Rentnern (Leistungsbezügern). Für die verschiedenen Kategorien von Vorsorgeeinrichtungen ergeben sich dabei markant unterschiedliche Werte.
Für das Total der an der Umfrage beteiligten Vorsorgeeinrichtungen ergibt sich ein Rentneranteil an der Gesamtzahl der Destinatäre von 25 (Vorjahr 23) Prozent.
Für die Kassen (ohne SGE) mit einem privatrechtlichen Arbeitgeber liegt der Anteil bei 35 (33) Prozent und für jene mit einem öffentlich-rechtlichen bei 32 (32) Prozent.
Der Rentneranteil beträgt lediglich 15 (13) Prozent für die Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen mit privatem Stifter, während die übrigen SGE sich mit 35 (35) Prozent leicht über den Zahlen von privaten und öffentlichen Kassen bewegen.
Der tiefe Rentneranteil bei den privaten SGE ist Folge des tieferen Durchschnittsalters der Belegschaft der angeschlossenen Firmen.
Alle Vorsorgeeinrichtungen | <50 Mio. | 50– 100 Mio. | 100– 500 Mio. | 500– 1’000 Mio. | 1’000– 5’000 Mio. | >5’000 Mio. | |
Ø Anzahl stimmberechtigter Mitglieder | 8 | 5 | 6 | 7 | 9 | 10 | 12 |
Ø Anzahl Sitzungen pro Jahr | 3,8 | 2,9 | 2,9 | 3,4 | 4,1 | 4,2 | 5,9 |
Frauenanteil in % | 22 | 24 | 21 | 21 | 20 | 24 | 27 |
Anteil externer Stiftungsräte in % | 5 | 8 | 8 | 5 | 3 | 4 | 9 |
Das Thema Stiftungsrat bildet einen Schwerpunkt der Umfrage 2022. Gefragt wurde nach Zusammensetzung, Entschädigung, Sitzungsfrequenz, Ausschüssen sowie Aus- und Weiterbildung. Der Begriff Stiftungsrat wird hier synonym mit oberstes Organ verwendet.
Im Durchschnitt zählen die Stiftungsräte 8 Mitglieder, wobei die Zahl sich für die kleineren Einrichtungen mit 5 bis zu den grossen und grössten mit durchschnittlich 12 bewegt. Die Zunahme verläuft parallel zur Höhe des Anlagevermögens.
Eine deutliche Vergrösserung lässt sich bei den Vorsorgeeinrichtungen mit einem Vermögen zwischen 500 Mio. und 1’000 Mio. registrieren, bei welchen der Durchschnitt von 7 auf 9 steigt.
Auch die Anzahl der jährlich einberufenen Sitzungen nimmt naturgemäss mit der Grösse der Stiftung zu. Für alle antwortenden Kassen ergibt sich ein Durchschnitt von etwas unter 4 Sitzungen, wobei die kleineren Pensionskassen rund 3, die grossen bis zu 6 Sitzungen pro Jahr durchführen. Die ermittelten Durchschnitte ergeben sich aus den Angaben, die von einer jährlichen Sitzung bis zu zwölf liegen.
Befragt nach dem Frauenanteil zeigen die gegebenen Antworten bezogen auf die Grösse keine klare Tendenz. Die Mehrheit gibt einen Anteil zwischen 20 und 25 Prozent an, wobei die grössten mit 27 Prozent leicht obenaus schwingen. Die privatrechtlichen Kassen weisen einen durchschnittlichen Anteil von 22 Prozent auf, die öffentlich-rechtlichen von 26. Im Vergleich zu allen Versicherten, wo der Frauenanteil bei 43 Prozent liegt, sind Frauen in Stiftungsräten also unterrepräsentiert.
Externe Stiftungsräte sind zwar weit verbreitet, machen allerdings mit durchschnittlich 5 Prozent der Mitglieder nur einen kleinen Anteil aus. Bei den grossen Kassen ab 5 Mrd. Vermögen sind es 9 Prozent. Der Anteil der privatrechtlichen Kassen mit externen Stiftungsräten liegt bei 23 Prozent, bei den öffentlich-rechtlichen sind es 43 Prozent.
35 Prozent der Vorsorgeeinrichtungen haben eine schriftlich abgefasste Regelung für die Aus- und Weiterbildung von Stiftungsräten. Am häufigsten sind solche Regelungen bei öffentlich-rechtlichen Kassen mit 49 Prozent, Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen kommen auf 45 Prozent.
92 Prozent der Kassen mit einer schriftlichen Regelung überprüfen respektive dokumentieren deren Einhaltung.
Ausschüsse gehören als Führungsinstrument zum festen Bestandteil der grossen Mehrheit der Kassen. Das trifft insbesondere auf den Anlageausschuss zu, den 81 Prozent aller Kassen kennen; bei den grösseren ab 500 Mio. Vermögen sind es 94 Prozent.
Vorsorge-, Prüfungs- und Risikoausschüsse sind deutlich weniger stark verbreitet. Einen Vorsorgeausschuss haben insgesamt 16 Prozent aller Kassen, Prüfungs- und Risikoausschüsse 18 Prozent. Keine Ausschüsse trifft man bei 18 Prozent aller Kassen, bei den grösseren verzichten darauf nur 5 Prozent.
Bei den Antworten auf die Frage nach der Form der Entschädigung für die Stiftungsräte fällt der Unterschied zwischen privat- und öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen auf.
Insgesamt 54 Prozent der Vorsorgeeinrichtungen haben eine Regelung zur Entschädigung des obersten Organs. Es sind 96 Prozent der öffentlich-rechtlichen Kassen, jedoch nur 49 Prozent der privatrechtlichen.
Grössere Kassen haben eher eine Regelung für die Entschädigung des obersten Organs. Bei den Kassen mit über 500 Mio. sind es 68 Prozent, bei den kleineren unter 500 Mio. 44 Prozent. Für die Kategorie der Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen ergeben sich 44 Prozent für die kleineren und 86 Prozent für die grösseren Kassen. Von den Firmenpensionskassen (ohne SGE) weisen mit 46 Prozent knapp die Hälfte eine Entschädigungsregelung auf.
Die Entschädigungen werden hauptsächlich in Form von Pauschalzahlungen und Sitzungsgeld ausgerichtet, wobei diverse Kombinationen zusammen mit bezahlter Arbeitszeit anzutreffen sind.
Für jene Kassen, die eine Entschädigung ausrichten, ergibt sich ein Medianwert von rund 4’000 Franken, wobei dieser bei den SGE mit 7’000 Franken deutlich über den übrigen Kassen mit 2’800 Franken liegt.
Die SGE weisen mit durchschnittlich 4,8 jährlichen Sitzungen eine etwas höhere Frequenz auf als die übrigen Kassen mit knapp 4,2 und dem Durchschnitt aller Kassen mit 4,3.
Die Spannbreite der Pauschalentschädigungen liegt zwischen 750 Franken (10. Perzentil) und 18’500 Franken (90. Perzentil).
Der Medianwert der Pauschalentschädigung bei öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen beträgt 5’950 Franken, bei privatrechtlichen beträgt er 3’310 Franken.
Das Balkendiagramm lässt erkennen, wo in Sachen Stiftungsrat vielleicht der Schuh drückt und Verbesserungspotenzial auszumachen ist. Zu nennen sind hier allenfalls Führungs- und Fachkompetenz der Stiftungsräte, wobei Letztere ein zentrales Element der Stiftungsratstätigkeit darstellt. Neutral ist die durchschnittliche Reaktion bezüglich des Findens von Arbeitnehmervertretern. Auf der positiven Seite liegen die Antworten bezüglich angemessenen Sitzungsrhythmus, Regelung bezüglich Aufgaben und Kompetenzen und Diskussion der Hauptrisiken.