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Einleitung zu den Umfrageresultaten der Schweizer Pensionskassenstudie 2022

An einem Wendepunkt?

Die Swisscanto-Studie 2022 vermittelt wiederum eine breitgefächerte Darstellung des Stands der beruflichen Vorsorge und der Pensionskassen per Ende 2021, ergänzt mit zahlreichen Angaben über die Entwicklung der letzten fünf bis zehn Jahre.

In der Zwischenzeit seit dem Erhebungszeitpunkt hat sich vieles geändert. Die Hoffnung ist, dass die Covid-Pandemie, welche die letzten zwei Jahre prägte, überwunden ist. Doch nun hat der Krieg in der Ukraine die politische Grosswetterlage tiefgreifend verändert. Für die berufliche Vorsorge unmittelbar bedeutsam ist die plötzlich und vehement ausgebrochene Teuerung und mit ihr der Anstieg der Zinsen.

Es kann nicht Aufgabe dieser Studie sein, Prognosen zu liefern und Vermutungen über die Zukunft anzustellen. Es darf aber davon ausgegangen werden, dass wir uns in vielerlei Hinsicht an einem Wendepunkt befinden. Die Daten der Studie geben die Situation für den Zeitpunkt 31.12.2021 wieder. Sie sind unter den gegebenen Umständen nicht nur für diesen Moment wertvoll, sondern dürften in den kommenden Jahren eine Grundlage für das Verständnis der jetzt ausgelösten Entwicklung bilden, an deren Ausgangspunkt wir uns heute befinden.

In ausgezeichneter Verfassung

Die Daten zeigen die Pensionskassen in ausgezeichneter Verfassung. Der für die privat­rechtlichen Kassen ermittelte durchschnittliche vermögensgewichtete Deckungsgrad erreichte 122 Prozent, für die öffentlich-rechtlichen mit Vollkapitalisierung ergaben sich 113 Prozent. Die Wertschwankungsreserven konnten gefüllt werden, viele Kassen verfügen darüber hinaus über freie Mittel. Angesichts der erhöhten Unsicherheit bildet das ein willkommenes Polster zur nachhaltigen Erfüllung der Leistungsversprechen.

Der Durchschnitt der geltenden technischen Zinssätze der privatrechtlichen Kassen lag vor zehn Jahren noch bei 3,08 Prozent, die Umfrage 2022 ergab 1,46 Prozent. Sie sind auf weniger als die Hälfte gesunken. Für die Pensionskassen stellte das eine enorme Herausforderung dar. Die FRP-Richtlinie 4 der Kammer der Pensionskassenexperten gibt als Maximum derzeit 2,17 Prozent bei Anwendung von Generationentafeln vor.

Mitte Januar 2022 sind die Renditen der 10-jährigen Bundesobligationen jedoch erstmals seit über drei Jahren wieder in den positiven Bereich gestiegen. Hält der Trend an, dürfte sich das bei der Festsetzung der nächsten Richtlinie auswirken, mit Folgen für die technischen Zinsen, die Bewertung der Deckungskapitalien und die Höhe der damit verbundenen finanziellen Verpflichtungen.

Besserstellung der Beitragszahler

Die Angaben über die Verzinsung der Altersguthaben der Aktiven und die Verzinsung der Rentner zeigen bereits seit zwei Jahren grössere Werte für die Aktiven, hier haben sich die Verhältnisse bereits gedreht. Ausschlaggebend ist der tiefere technische Zins, verbunden mit dem seit Jahren sinkenden Umwandlungssatz, der für das Berichtsjahr mit durchschnittlich 5,25 Prozent errechnet wurde, sowie die gute Performance der letzten drei Jahre, welche hohe Verzinsungen der Altersguthaben erlaubte.

Die Beitragszahler der privatrechtlichen Kassen kamen in den Genuss von durchschnittlich 4,42 Prozent, der höchste Wert der letzten 20 Jahre. 14 Prozent der Versicherten privater Arbeitgeber erhielten sogar eine Verzinsung von 8 und mehr Prozent. Auffallend ist, dass die Aktiven bei den öffentlich-rechtlichen Kassen mit im Schnitt 2,70 Prozent deutlich schlechter fuhren.

Die gute Verzinsung heisst allerdings nicht, dass die systemfremde Umverteilung damit gänzlich beseitigt wurde. Zu gross ist der Anteil jener Rentner, die mit deutlich höheren Sätzen als den jetzt geltenden in Rente gegangen sind. Das Problem der Umverteilung von Aktiven zu Rentnern dürfte sich allerdings entschärfen.

Das BVG schreibt vor, dass die Arbeitgeberbeiträge gesamthaft mindestens gleich hoch sein müssen wie jene der Arbeitnehmer. Wie das Verhältnis der Beiträge der beiden Sozial­partner ist, wurde in der Studie für eine Reihe von Branchen ermittelt. Im Durchschnitt bezahlen die Arbeitgeber je 100 Franken Arbeitnehmerbeitrag ihrerseits 145 Franken in die Pensionskassen ein, bei den Sammelstiftungen liegt er mit 144 Franken praktisch auf gleicher Höhe, was nicht unbedingt zu erwarten war. Der höchste Betrag ergibt sich für Finanz- und Versicherungsdienstleistungen mit 180 Franken, der tiefste im Baugewerbe mit 112 Franken.

Blick auf die BVG-Reform

Der Nationalrat hat zum Zeitpunkt des Erscheinens dieser Studie als Erstrat die BVG-Reform bereits durchberaten, für den Ständerat liegen die Beschlüsse seiner Sozialkommission vor. Neben der unbestrittenen Senkung des Umwandlungssatzes dreht sich die Diskussion primär um die Form der Ausgleichsmassnahmen für die Übergangsgeneration zur Vermeidung von Rentensenkungen und um die Verbesserung der Vorsorge von Teilzeit- und Mehrfach­beschäftigten. Das letztere Ziel wird mit einer Verminderung des Koordinationsabzugs und der Senkung der Eintrittsschwelle angepeilt.

Die Benachteiligung tiefer Einkommen aufgrund des BVG-Koordinationsabzugs ist anerkannt. Der gesetzlich vorgegebene Maximalbetrag in Höhe von 25’095 Franken gelangt nur noch für eine Minderheit der Destinatäre zur Anwendung. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass bei 86 Prozent der teilnehmenden Kassen Teilzeitbeschäftigte und andere Geringverdienende aktuell keine oder nur geringe Nachteile erleiden. In den betreffenden Kassen wurde diesbezüglich die Reform quasi vorweggenommen. Dies wird erreicht entweder durch den gänzlichen Wegfall des Koordinationsabzugs, einen tieferen Fixbetrag oder mit einem variablen Abzug aufgrund der Lohnhöhe oder des Beschäftigungsgrads.

Anders sieht die Situation betreffend Eintrittsschwelle aus. Der Vorschlag einer Senkung der Schwelle ist erst durch Beschlüsse des Nationalrats in die Reformdebatte geraten. Während aber beim Koordinationsabzug die Mehrheit der Kassen für die Versicherten vorteilhaftere Lösungen eingeführt hat, halten sich bei der Eintrittsschwelle drei Viertel an die gesetzliche Vorgabe. Tiefere Beträge finden sich insbesondere bei den Sammel- und Gemeinschafts­einrichtungen öffentlicher Arbeitgeber. Ob eine tiefere Eintrittsschwelle im Interesse der Versicherten liegt, ist umstritten.

Das oberste Organ

Einen Schwerpunkt der diesjährigen Umfrage bilden die Angaben zu den Stiftungsräten respektive des obersten Organs. Damit erhalten Vorsorgeeinrichtungen Anhaltspunkte darüber, wo sie im Vergleich zu den anderen Einrichtungen stehen. Ermittelt wurden Daten zu Grösse, Sitzungsfrequenz, Anteil Frauen, externe Mitglieder und – von besonderem Interesse – die Entschädigung.

Die Gliederung nach privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen, aber auch nach Pensionskassen sowie Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen (SGE) ergibt aufschlussreiche Einsichten. Wie zu erwarten war, steigt die Zahl der Mitglieder mit der Grösse der Vorsorgeeinrichtung von durchschnittlich fünf bei den kleinsten Einrichtungen bis auf zwölf bei den grössten. Das Gleiche trifft auf die Sitzungsfrequenz zu, die mehr­heitlich zwischen rund drei und sechs jährlichen Sitzungen liegt.

Eine beträchtliche Vielfalt lässt sich bei der Form der Entschädigung feststellen. Sie kann erfolgen in Form von Sitzungsgeldern, Pauschalentschädigungen, der Anrechnung von Arbeitszeit und diversen Kombinationen dieser und weiterer Elemente.

Bei jenen Kassen, welche Pauschalentschädigungen ausrichten, liegt die Höhe zwischen 750 (10 Prozent Perzentil) und 18’500 Franken (90 Prozent Perzentil), mit einem Median von rund 4’000 Franken. Die höchsten Entschädigungen werden bei den Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen ausbezahlt, mit einem Median von 7’000 Franken.

Umfrage und Teilnehmer

Tabelle 1: Die Umfrageteilnehmer und ihre Zusammensetzung 2022

Pensionskassen

Sammel-Gemeinschaftseinrichtungen (SGE)

Stifter der Vorsorgeeinrichtung

Privatrechtliche Firma

Öffentlich- rechtliche Institution

Privat- rechtliche Firma

Öffentlich-rechtliche Institution

Total*

Anzahl Vorsorgeeinrichtungen

331

44

81

16

475

Vorsorgevermögen Mrd.

348

164

181

113

806

Durchschnittliche Anzahl angeschlossener Arbeitgeber

22

48

2’819

108

522

Aktive Versicherte in Tsd.

676

392

1543

233

2845

Anzahl Rentner in Tsd.

372

181

269

126

948

Total Versicherte in Tsd.

1048

573

1812

359

3792

Vorsorgekapital Aktive

51%

48%

69%

47%

55%

– davon Altersguthaben BVG

42%

41%

53%

42%

44%

Vorsorgekapital Rentenbezüger

49%

52%

31%

53%

45%

* inkl. Vorsorgeeinrichtungen ohne Angabe des Stifters

An der Umfrage 2022 haben 475 (Vorjahr 514) Vorsorgeeinrichtungen mit gesamt 3,8 (3,8) Millionen Destinatären teilgenommen. Die Zahl der aktiv Versicherten ist leicht zurückgegangen, jene der Rentner hingegen gestiegen. Die praktisch unveränderte Zahl der Versicherten trotz einer geringeren Teilnehmerzahl lässt erkennen, dass es vorwiegend kleinere Einrichtungen sind, welche sich dieses Jahr in geringerem Mass beteiligt haben. Auch aufgrund der Kursgewinne stieg das ausgewiesene Vermögen der Teilnehmer auf 806 (777) Mrd. Franken.

Die neuste Ausgabe der BFS Pensionskassen-Statistik für 2020 weist 4,4 Millionen aktiv Versicherte und 1,2 Mio. Rentenbezüger/-innen aus. Die Bilanzsumme der gesamthaft 1’434 Vorsorgeeinrichtungen beträgt 1’063 Mrd. Franken.

Vor allem für den Bereich der mittleren und grossen Kassen darf die Umfrage damit eine hohe Repräsentativität ihrer Resultate beanspruchen.

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