Das Fokusthema der diesjährigen Ausgabe nimmt die Gestaltungsmöglichkeiten in der beruflichen Vorsorge unter die Lupe: Welche Optionen bieten die Vorsorgewerke den Versicherten bei Sparplänen und beim Leistungsbezug? Und wie nutzen die Kassen ihren Spielraum bei der Leistungserbringung?
Die Option Rente oder Kapital ist seit Inkrafttreten des BVG am 1. Januar 1985 die zentrale Wahlmöglichkeit in der beruflichen Vorsorge. In den vergangenen Jahren sind weitere hinzugekommen, darunter flexible Rentenmodelle mit einer garantierten Grundrente und einem variablen Teil. Bei manchen Kassen ist auch die Höhe der Partnerrente wählbar.
Diese Möglichkeiten werden bis anhin von den Kassen nur vereinzelt genutzt. Bei der Wahl zwischen Rente und Kapital gewährt mit 87 Prozent die grosse Mehrheit der Kassen freie Hand. Bei der Höhe der anwartschaftlichen Ehegatten- und Partnerrente bietet immerhin jede neunte Kasse eine Wahlmöglichkeit. Auf variable Rentenmodelle setzen jedoch lediglich 3 Prozent. Alternative Auszahlungsmodelle bieten gar nur 2 Prozent der Kassen an.
Jede neunte Kasse bietet eine Wahlmöglichkeit bei der Partnerrente.
Die Wahlmöglichkeiten bei den Sparplänen haben in den vergangenen Jahren stark zugenommen. 61 Prozent der Kassen bieten diese Option mittlerweile an. Diese wird auch genutzt: 30 Prozent der Versicherten wählen nicht den Standardplan. Wie die diesjährige Befragung zeigt, haben sich die Wahlmöglichkeiten 2023 in allen Branchen durchgesetzt (siehe S. 34).
Erstmals nahmen wir in diesem Jahr die möglichen Intervalle beim Wechsel der Sparpläne unter die Lupe. Die grosse Mehrheit der Kassen setzt auf die jährliche Anpassung. Jede siebte Kasse bietet den Versicherten ein anderes Intervall zur Anpassung an. Quartalsweise Wechsel sind nur bei Kassen aus der Finanzbranche sowie dem verarbeitenden Gewerbe verbreitet.
Die BVG-Reform zielt unter anderem auf eine Erweiterung des Versichertenkreises und die Besserstellung von Teilzeitarbeitenden. Zu den zentralen Massnahmen gehören die Flexibilisierung des Koordinationsabzugs und die Senkung der Eintrittsschwelle. Inwiefern die Kassen die geplanten Änderungen bereits vorwegnehmen, untersuchen wir seit 2020.
Beim Koordinationsabzug sind die Kassen einen Schritt voraus: Die Mehrheit handhabt diesen bereits im Sinne der Reform (siehe S. 32). Die Eintrittsschwelle haben hingegen erst die wenigsten angetastet. Hier ist der Handlungsbedarf gross, insbesondere bei den privatrechtlichen Kassen (siehe S. 31).
Neben der Anpassung der Eintrittsschwelle wäre auch die Senkung des Eintrittsalters eine effektive Massnahme, um den Versichertenkreis auszudehnen. Ein Drittel der Kassen nutzt diese Möglichkeit bereits: 34 Prozent der Vorsorgewerke haben das Alter für den Eintritt in den Sparprozess auf unter 25 Jahre gesenkt. Weitere 5 Prozent wollen das Eintrittsalter in Zukunft senken.
Ein Drittel der Kassen hat das Eintrittsalter auf unter 25 Jahre gesenkt.
Die BVG-Reform beabsichtigt eine Senkung des Mindestumwandlungssatzes im Obligatorium von 6,8 auf 6 Prozent. Denn ist der Umwandlungssatz zu hoch, reicht das Altersguthaben eines Pensionierten nicht aus, um damit alle seine Renten zu zahlen, was zu einer unerwünschten Umverteilung des Vermögens von Erwerbstätigen zu Rentnerinnen und Rentnern führt.
Wie die Befragung zeigt, hätte diese Massnahme nur für eine Minderheit der Versicherten Folgen: Lediglich bei 13 Prozent der Kassen würde die Massnahme zu einer Senkung der Renten bei Neurentnerinnen und -rentnern führen. Dieselbe Frage hatten wir bereits in der Umfrage von 2017 gestellt. Damals sahen sich noch 31 Prozent betroffen.
Die meisten Kassen haben sich also mit der herausfordernden Marktsituation arrangiert und erfüllen das gesetzliche Leistungsziel wieder problemlos. Anders sieht es bei jener Gruppe von Kassen aus, bei denen die Annahme zu einer Rentensenkung führen würde. Für die Aktivversicherten in den sogenannten BVG-Minimum-Kassen würde dies bedeuten, dass ihr Altersguthaben geschmälert wird. Dabei handelt es jedoch um eine Minderheit der Kassen. Hinzu kommt, dass ohne eine Anpassung die Umverteilung von Jung zu Alt anhält. Zudem dürften Sanierungsbeiträge von Arbeitnehmende und Arbeitgebern notwendig sein, was für die Aktiven ebenfalls schmerzhaft wäre.
Die anhaltende Inflation schmälert die Kaufkraft und damit auch den Wert der Altersrenten. Im Gegensatz zur AHV gibt es in der beruflichen Vorsorge keine gesetzliche Pflicht zu einem Teuerungsausgleich. Gemäss Art. 36 Abs. 2 BVG werden die Altersrenten den finanziellen Möglichkeiten der Vorsorgewerke entsprechend an die Preisentwicklung angepasst.
Wie die Befragung zeigt, sind derzeit nur die wenigsten Kassen zu einem Teuerungsausgleich bereit. Lediglich 14 Prozent wollen 2024 ihre Leistungen der Preisentwicklung anpassen. Dabei zeigt sich eine starke Tendenz zur flexiblen Leistungserbringung: 61 Prozent setzen auf Einmalzahlungen, eine Rentenerhöhung beabsichtigen nur 39 Prozent.
Offensichtlich scheuen sich viele Kassen davor, ihre langfristigen Verpflichtungen anzuheben. Die Überzahl der Einmalzahlungen zeigt, dass die Vorsorgewerke den Spielraum bei der Leistungserbringung vermehrt nutzen.
Die Aussichten auf allgemeine Leistungsverbesserungen sind derzeit so gut wie lange nicht mehr. Auch hier dürfte der Trend zur flexiblen Leistungserbringung vermehrt zum Ausdruck kommen.
Nur 14 Prozent der Kassen gleichen die Teuerung aus.